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Bei der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien stimmt die Erzeugung zeitlich oft nicht mit dem Verbrauch des Stroms überein. Es wird so viel schwieriger sicher zu stellen, das jederzeit genau so viel Strom erzeugt wie verbraucht wird. Dies ist aber erforderlich, da andernfalls die Netze zusammenbrechen würden. Hierfür werden im Strommarkt spezielle Strommengen angeboten, die nur über einige Sekunden oder Minuten eingespeist oder abgenommen werden, die sogenannte Regelenergie.
Es gibt für dieses Problem 2 Lösungsansätze:
Für Stromspeicher gibt es verschiedene Technologien. Da Strom selbst direkt nicht in größeren Mengen speicherbar ist, muss der elektrische Strom zum Speichern in andere Energieformen umgewandelt werden (Einspeichern). Um zur gewünschten Zeit wieder Strom entnehmen zu können, muss diese andere Energieform wieder in Strom zurückverwandelt werden (Ausspeichern). Bei beiden Vorgängen geht ein Teil der Energie "verloren", dieses wird durch den Wirkungsgrad des Speichers beschrieben.
Die Trianel ist eine Energiehandelgesellschaft mit u.a. eigener fossiler Stromerzeugung. Sie ist eine Gemeinschaftsunternehmen vieler regionaler Stromversorger und wurde als Gegengewicht zu den 4 großen Stromerzeugern 1999 gegründet. Ihr Sitz ist Aachen, die STAWAG ist mit 13,5% an der Trianel beteiligt.
Eine Speicherform, die mit einem Wirkungsgrad von 80% energetisch recht günstig ist, ist das Pumpspeicherkraftwerk . Hierbei wird beim Einspeichern Wasser aus einem Untersee mit Pumpen in einen höher gelegenen Obersee gepumpt. Beim Ausspeichern lässt man das Wasser aus dem Obersee über Turbinen wieder in den Untersee laufen. Die Turbinen erzeugen dann den Strom. Die speicherbare Strommenge hängt von der Größe der Seen und dem Höhenunterschied ab. Die Leistung des Kraftwerks beim Ein- und Ausspeichern hängt von der Leistung der Pumpe bez. der Turbine ab.
Die Trianel plante ein solches Speicherkraftwerk im Bereich Simmerath/ Rursee. Hierbei war der Obersee neu zu errichten, die genaue Lage nördlich von Strauch war noch in der Diskussion. Als Untersee sollte der Rursee dienen. Der Entwurf zur Änderung der Regionalplanung vom 16.1.2012 mit umfangreicher Darstellung der Umweltbeeinträchtigungen ist inzwischen nicht mehr auf der Webseite des Regierungspräsidenten Köln einzusehen. Da das Raumordnungsverfahren inzwischen eingestellt wurde, gilt dieses auch für viele andere Dokumente.
Das Oberbecken sollte eine Wasserfläche von 50ha (die Größe von etwa 50 Fußball- feldern) haben, z.B. wie das Becken in obigem Satellitenbild (nur symbolische Darstellung einer möglichen Lösung). Die maximalen Ausdehnung des Beckens hätte dann 900m -1000m betragen, das Volumen 7,6Mio m³. Hieraus ergabt sich eine Wassertiefe von etwa 25m. Dieses Wasserbecken sollte innen betoniert werden. Ein solches Becken darf für Touristen nicht zugänglich sein, da sich der Wasserstand beim Ein- und Ausspeichern sehr schnell ändern kann (etwa 3m/h). Die Oberkante der Wallanlage für das Oberbecken hätte etwa 10m über dem Geländeniveau gelegen. Das nebenstehende Bild zeigt ein solches Pumpspeicherbecken. Die Planung sah vor:
Das Becken sollte durch einen unterirdischen Druckwasserstollen in der Schilsbachbuch an den 240m tiefer liegenden Rursee angebunden werden. Pumpen und Stromgeneratoren sollten dort in einer unterirdischen Kaverne untergebracht werden und durch einen unterirdischen Kabelstollen beim Gerstenhof an die dortige 110kV-Leitung angeschlossen werden. Die Nutzung des Rursees als Unterbecken sollte den Flächenverbrauch für ein separates Unterbecken sparen. Wegen der Wasserbewegungen und der Strömung beim Ein- und Ausspeichern hätte die Schilsbachbucht für touristische Nutzungen gesperrt werden müssen. Das Speichervolumen des Kraftwerks sollte etwa 4% des Vollstauvolumen des Rursees ausmachen. Da der Rursee eine sehr viel größere Fläche hat als das Oberbecken, hätten sich hier sehr viel geringerer Wasserstandsänderungen ergeben.
Am Rursee treten bereits jetzt Wasserstandsänderungen von über 20m auf, die Nutzungen sind deshalb an solche Änderungen angepasst. Durch das Speicherkraftwerk hätten sich je nach Wasserstand des Sees zusätzliche Niveauänderungen bis maximal über 4,0m ergeben. Bei Maximalwasserstand ist die Fläche des Sees am größten, hier hätte die Gesamtniveauänderung etwa 1,2m mit einer Veränderung von maximal 17cm/h betragen. Solche Änderungen hätten den Badebetrieb kaum beeinträchtigt. Eventuell hätte die Anpassung der Lage der Bootsstege automatisch erfolgen müssen. Hierzu gabt es bereits Gespräche mit den Inhabern der größeren Stege. Bei Minimalwasserstand hätte die Niveauänderung aber über 60cm/h betragen können. Man hätte deshalb vermutlich die Nutzung des Pumpspeicherkraftwerks unter bestimmte Bedingungen eingeschränkt.
Hätte man einen solchen Speicher zur Lieferung von positiver und negativer Regelenergie verwendet, so hätte man jederzeit Wasser Ein- oder Ausspeichern können müssen. In diesem Fall wäre ein mittlerer Wasserstand des Oberbeckens der Normalzustand. Dieses hätte im Betrieb den maximalen Hub des Rursees halbiert.
Der Eigentümer der Talsperre, der Wasserverband Eifel-Rur (WVER), hatte sich unter bestimmten Voraussetzungen mit der geplanten Nutzung einverstanden erklärt:
Die Trianel hatte auch Fachbeiträge zur Hydrologie und zur Tourismussituation erstellen lassen.
Die Speichermenge hätte 3840MWh betragen, die Leistung maximal 640MW für 6h. Es wäre damit das viertstärkste Speicherkraftwerk in Deutschland gewesen. Ein solcher Speicher hätte die Stadt Aachen für etwa gut 1 Tag versorgen können. Das wäre aber nicht die Aufgabe des Speichers, vorgesehen war ganz allgemein eine Bereitstellung von Regelenergie.
Dies machte eine Anbindung an das deutsche Höchstspannungsnetz (380 000 Volt-Netz) - hier des Netzbetreibers Ampirion - erforderlich, womit auch Aachen erreichbar war. Eine Anbindung an die 110 000 Volt-Hochspannungs- leitung von Lammersdorf nach Heimbach hätte also wohl nicht ausgereicht. Man hätte jedoch eventuell vorhandene 35- und 110kV-Trassen zu einer 380kV-Trasse umbauen können. D.h., es wäre parallel zu der vorhanden Leitung eine neue zusätzliche Leitung verlegt worden. Evtl. hätte auch die neue Leitung eine vorhandene ersetzen können, wobei dann natürlich die Umspannwerken an beiden Enden der Leitung hätten ausgebaut werden müssen. So wären evtl. nur eine kurze völlig neue Trasse erforderlich gewesen.
vorhandene Hochspannungstrassen:
Ausgehend von diesen Überlegungen beinhaltete die Planung fünf mögliche Trassenkorridore (), zum Teil mit Untervarianten. Sie können über die Folieneinblendung oben rechts in der Karte dargestellt werden.
Korridorvergleich |
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Trassennr. |
Beschreibung |
1 |
110kV-Leitung Gertstenhof - Lammersdorf - Zweifall, neue Verbindung Zweifall - Büsbach, 110kV-Leitung Büsbach - Krauthausen - Aachener Kreuz |
2 |
komplett neue Verbindung Gerstenhof - Umspannwerk Zukunft |
3 |
neue Verbindung Gerstenhof - Ginnick, dort Anschluss an die 380kV-Leitung |
4 |
110kV-Leitung Gerstenhof - Schmidt , von dort nach Osten neueVerbindung zur 380kV-Leitung |
5A |
110kV Leitung Gerstenhof - Heimbach, neue Verbindung zur 380kV-Leitung |
5B |
110kV Leitung Gerstenhof - Heimbach, darin neues Stück nördlich Hasenfeld, neue Verbindung zur 380kV-Leitung |
5.3 |
zunächst wie 5B, Erdkabel durch Schmidt, Freileitung nördlich von Hasenfeld durch das Odenbachtal bis ins Rurtal, weiter durch Hausen (Erdkabel) nach Osten zur Anbindung an die 380KV-Leitung bei Wollersheim |
Zunächst hatte man sich nach Untersuchungen durch das Planungsbüro Bioplan in Höxter für Trasse 5b als raumverträglichste Variante entschieden. Die Ausführung sollte bezüglich der neuen Trassenstücke durch Schmidt (Verlegung in Strassen) und nördlich Hasenfeld als 380KV-Erdkabel in etwa 1,7m Tiefe erfolgen. Der neue Teil südlich Vlatten hätte mit Hochspannungsmasten erstellt werden sollen. Die Strecke sollte 18km lang sein, und zu 75% der bereits vorhandenen Trasse der 110KV-Leitung oder anderen Verkehrswegen folgen (siehe 6)-8) ).
Nach Eingaben während des Raumordnungsverfahrens war eine neue Trassenvariante 5.3 () vorgeschlagen worden. Die Bezirksregierung und Trianel hatten sich diesem Vorschlag angeschlossen.
Über ein solche Anbindung hätten auch Wind- und Solarstrom aus der Eifel aufgenommen werden können, der bei dem erforderlichen massiven Ausbau in den dortigen dünner besiedelten Regionen nicht unmittelbar verbraucht werden kann. Weiterhin hätten über die 380KV-Leitung kurzzeitige Stromüberschüsse aus Erneuerbaren Energien aus weiter entfernten Regionen aufgenommen werden können, die dann später wieder z.B. in das Übertragungsnetz abgegeben werden.
Die Inbetriebnahme des Speichers hätte frühestens 2019 erfolgen sollen. Die Kosten sollten etwa 700 Millionen Euro betragen.
geplanter Zeitrahmen:
Am 21.6. 2013 gab die Trianel bekannt, dass sie das Projekt Pumpspeicher Simmerath aufgibt. Anlass war die erneute Vertagung der notwendigen Behandlung des Vorhabens im Regionalrat Köln. Weiterhin wurde auf die mangelhafte Unterstützung durch Teile der Politik und die Widerstände in Kreisen der Bevölkerung (z.B. hier) hingewiesen.
Die dort geäußerte Meinung, dass Pumpspeicher für die Energiewende überflüssig wären, verkennt sicherlich das in Zukunft erforderliche Ausmaß der Kurzzeit-Speicherung vollständig. Die Notwendigkeit zum Ausgleich der mittäglichen Verbrauchsspitze ist zwar im Moment durch den Fotovoltaikstrom stark zurückgegangen. Bei dem erforderlichen weiteren Ausbau in diesem Bereich wird daraus jedoch ein mittägliches Verbrauchstal für die Residuallast (die erforderliche fossile Reststrommenge) bzw. sogar ein mittäglicher Überschuss an Fotovoltaikstrom entstehen, der wiederum nur durch Kurzzeitspeicher ausgeglichen werden kann. Dieses zeichnet sich bereits heute an sonnenreichen Tagen ab: siehe hier, bitte als Termin 16.6.2013 eingeben. Angezeigt wird die Residuallast. An diesem Tag betrug der PV- und Windstromanteil im Netz um die Mittagszeit etwa 60%.
Für Pumpspeicher stehen in Deutschland nur sehr begrenzt geeignete Standorte zur Verfügung. Wo dieses jedoch der Fall ist, sind sie eine technisch geeignete (hoher Wirkungsgrad) und finanziell relativ günstige Möglichkeit. Dass auch die Trianel dieses so sieht, erkennt man daran, dass sie ihre anderen Pumpspeicherprojekte in Ostwestfalen und Thüringen weiter verfolgt.
Meldungen dazu:
AN/ AVZ Stimmen zur Entscheidung
AN/ AVZ Stimmen zur Entscheidung
Weitere Informationen unter:
1) Hochspannungsnetz Deutschland
4) Bericht in der Aachener Zeitung vom 18.12.2012 zur neuen Trassenwahl 5.3
5) ausführliche Trassenuntersuchung der Trianel
© WW, www.Aachen-hat-Energie.de, Juni 2013, aktualisiert November 2018